Der Heilige des Monats:

Hl. Nikolaus von der Flüe (Bruder Klaus)

(25. September)

 

Wenn ein Mann seine Frau und Kinder verlässt, hört man aus der Umgebung nicht selten Ausdrücke des Unverständnisses wie: "So einen sollte man doch ..." Der Rest des Satzes wird sich je nach Temperament und Empörung des Sprechenden gestalten, doch erwartet man sicherlich nicht, dass das Wort "heilig sprechen" die Lücke füllt. Doch "so einer" wurde heilig gesprochen.

Nikolaus kam 1417 auf dem Flüeli im Schweizer Kanton Oberwalden zur Welt. Er wurde angesehener Bauer auf eigenem Land, heiratete 1444 Dorothea Wyss, mit der er zehn Kinder hatte. Er leistete jahrelang Kriegsdienst, stieg zum Ratsherrn und Richter auf und nichts in seinem wohlgeordneten Leben deutete auf einen Bruch hin - wäre da nicht die "Sache" mit Gott gewesen.

Am 16. Oktober 1467 verließ er als Fünfzigjähriger Familie, Haus und Hof - sein jüngstes Kind war gerade 16 Monate alt -, um fortan als Einsiedler zu leben.

Gewiss war Nikolaus von Jugend auf ein religiöser Mensch und frühzeitig entwickelte er einen deutlichen Hang zu Schwermut und Einsamkeit. Seine merkwürdige Neigung zur Zurückgezogenheit steigerte sich im Laufe der Jahre noch. Sein Sohn berichtet, dass sein Vater nachts oft heimlich aufgestanden war und in der Wohnstube betete. Auch berichten Zeitgenossen von Nikolaus‘ Kämpfen mit dem Teufel, die wohl als Ausdruck von schweren seelischen Krisen zu verstehen sind. Er selbst bezeugt, dass Gott ihn in eine so tiefe Unruhe versetzt habe, "dass mir selbst die liebe Frau und die Gesellschaft der Kinder lästig war." Nach einer Reihe von Visionen entschied er sich zur Einsiedelei und wurde zu einem der letzten mittelalterlichen Mystiker - als einfacher Bauer ohne jegliche Schulbildung. Zuvor hatte er zwei Jahre lang seine Frau bedrängt, bis sie in die Trennung - sicherlich schwersten Herzens - einwilligte.

Nach seinem Fortgang vom heimatlichen Hof wollte er sich ins Elsass begeben, wo sich "die Gottesfreunde", eine Gruppe mystisch orientierter Christen, zusammengefunden hatten. Bei Basel erfasste ihn jedoch ein tiefer Schmerz, in einer weiteren Vision fühlte er sich zurückgeschickt und kehrte um. Nur einen Spaziergang von seinem Hof entfernt, in der tiefen Ranft-Schlucht, lässt er sich nieder. Als "Waldbruder" führt er 20 Jahre lang ein Leben, dass sich jeder gängigen Deutung und Erklärung entzieht.

Zunächst haust er in einem Bretterhäuschen, in dem er nicht einmal aufrecht zu stehen vermag, ohne Tisch, Bett und Geschirr. Später bauen Einheimische eine kleine Kapelle dazu. Zum Schlafen legt er sich auf den Boden oder lehnt sich halb gebückt an die Wand. Kaum vorstellbar ist, wie er die Nächte und langen, kalten Wintermonate zugebracht hat. Viele Stunden am Tag ist er in das Gebet versunken, arbeitet sich geradezu in ein Gottesbild hinein, das vom Geheimnis der Dreifaltigkeit geprägt ist.

Zu seinen Lebzeiten wird "Bruder Klaus", wie er nun heißt, durch das Fastenwunder in halb Europa bekannt. Aß er zunächst nur Wurzeln, wildes Obst und dürre Bohnen, stellt er später die Nahrungsaufnahme völlig ein. Auch die strenge Überwachung der Schlucht durch die Behörden konnte ihm keine Nahrungszufuhr nachweisen, auch nicht die Befragung durch den Vertreter des zuständigen Bischofs von Konstanz. Dieser zwang ihn auch, einige Bissen Brot zu sich zu nehmen, was dem Einsiedler schlecht bekam.

Seine Klause verließ er nur, um im nahegelegenen Ort Sachseln zur heiligen Messe zu gehen, wobei sein Weg stets am Anwesen seiner Familie vorbeiführte.

Wenn er nicht betete oder in Visionen versunken war, empfing Bruder Klaus Ratsuchende, die ihn in Scharen aufsuchten, obwohl sein Äußeres abschreckend wirkte. Ein Augenzeuge: "Es war ein Mensch mit ungepflegtem Haarwuchs, jedoch von einem edlen, von Magerkeit gerunzelten und erdfahlen, wie von Staub bestreutem Angesichte, der seine langen, hageren Glieder mit einem einzigen Gewande bedeckte."

Er gewährte jedem unterschiedslos sein Ohr, teilte danach wohl nicht viel mit, aber Bedeutungsvolles, mitunter Schonungsloses. Nur relativ wenige authentische Sätze sind von ihm überliefert. Er verstand sich als Mittler zwischen Gott und den Menschen und so war sein Leben volksnah und entrückt zugleich. Auch hohe politische Würdenträger wandten sich an ihn und sein mündlich übermittelter Ratschlag an die zerstrittene Eidgenossenschaft rettete 1481 im letzten Moment die Einheit der Schweiz. So galt er bereits zu seinen Lebzeiten als "Landesvater" und "Friedensstifter", der die Neutralität der Schweiz mitbegründen half.

Als er am 21. März 1487 in der Ranft stirbt, bleibt seine Klause dauerhafter Anziehungspunkt der Volksverehrung - bis zum heutigen Tage. Seine Heiligsprechung erfolgte erst 1947, weil seine Person lange Zeit theologisch umstritten war. Seine Reliquien werden in der Kirche von Sachseln aufbewahrt. Er gilt als erster Patron der Schweiz. Darstellungen zeigen ihn als hageren, bärtigen Einsiedler im einfachen Umhang, als Attribute trägt er Stock oder Rosenkranz.

J. Schweier

 

 

  

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