Liebe Gemeinde !

In die dunkle Stunde des Karfreitags schimmert wie ein glimmender Docht das Bekenntnis des heidnischen Hauptmanns: "Wahrhaftig, dieser Mensch ist Gottes Sohn!" Und aus diesem kleinen Funken erstrahlt das Licht des Auferstehungstages. Ein immer wiederkehrender und tröstlicher Gedanke, dass wir Ostern feiern können aus jeder Lebenssituation heraus. Viele unter uns haben im Verlauf eines Jahres gute und auch schmerzliche, kummervolle Tage erlebt. Mancher freut sich über Erfolge und aufbauende Erlebnisse, mancher plagt sich in seiner Krankheit, Verlassenheit, Not oder in der Trauer um einen lieben Menschen, an dessen Grab er stehen musste. Der Jubel des Palmsonntags und die Not des Karfreitags lagen damals eng beieinander, heute ist das nicht anders. Das ist menschliche Erfahrung, dies sind die Horizonte, die unsere Blicke und damit auch unsere Hoffnungen begrenzen, eben menschliche Wirklichkeit. Die Frauen am Grabe Jesu dann sind es, die als erste Gottes Eingreifen in die menschliche Wirklichkeit sehen ohne es zu verstehen oder zu erkennen. Ihre Hilflosigkeit - Maria von Magdala glaubte, es sei der Gärtner - können wir getrost als unsere eigene Hilflosigkeit und damit als Tugend erkennen. Denn der nächste Schritt ist ja, dass wir uns einlassen auf dieses Eingreifen Gottes in unsere Wirklichkeit, diese Verwandlung und das Sprengen unserer Horizonte annehmen, weil wir uns Gott anvertrauen. Die Klage, gleichzeitig Gebet, Jesu: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" ist doch nicht der Text aus einer Theaterrolle, es ist Verzweiflungsschrei, der aber dennoch deutlich macht, dass Jesus von Nazareth sich in schlimmster Situation an den Vater richtet und voller Vertrauen diese Frage herausschreit. Die Antwort des Vaters wird am Ostermorgen kundgemacht. Mir scheint, dass mit jedem Osterfest, das wir miteinander feiern, uns von Neuem Mut gemacht und Zuversicht geschenkt werden soll von einem Gott her, der mit seiner Menschenfreundlichkeit, seinem Erbarmen und seiner Treue uns täglich neu umwirbt. Das Gebet Jesu für die Seinen: "Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin, sie sollen meine Herrlichkeit schauen, die du mir gegeben hast!" ist vom Vater erhört worden. Jedes Osterfest bezeugt das.

n den hinter uns liegenden Tagen der Fastenzeit haben viele aus unserer Gemeinde in besonderen Aktionen oder bei liturgischen Feiern ihr Mittun fruchtbar werden lassen. Dafür danke ich allen aus ganzem Herzen. Dieses Mittun bringt ja nicht nur neues Leben in unsere Gemeinde. Ich bin überzeugt, dass auch das Erleben eines jeden Einzelnen dadurch bedeutsame gläubige Bereicherung erfährt.

m 18. März, einem Sonntag, also auch Auferstehungstag, erreichte uns die Nachricht, dass unser ehemaliger Küster Horst Jazdzejewski in Groß-Tuchen in Pommern unerwartet verstorben ist. Nur zwei Tage vorher war er wieder an den Ort gefahren, in dem er viele Jahre seines Lebens war. Am 11. November wäre er siebzig Jahre alt geworden. In Berlin geboren - zu seinen Spielkameraden und Freunden zählte damals der inzwischen schon lange verstorbene gute Pfarrer Bernhard Gora, erlebte er 1944, dass der Krieg furchtbar in die Stadt zurückkehrte, aus der er furchtbar in die Welt hineingetragen wurde. Ausgebombt wurde die Familie nach Pommern evakuiert. 28 Jahre später kehrte er dann in seine Heimatstadt zurück. Als Neunzehnjähriger begann er im Raum der Kirche sein Berufsleben als Küster und Organist der Gemeinde Groß-Tuchen. Zu seinen großen und guten Freunden dort zählte der Pfarrer Dr. Hinz, von dem Horst Jazdzejewski immer wieder und mit Begeisterung berichtete. Die Musik und damit das Orgelspiel waren seine große Freude und innere Bereicherung. Als er dann 1972 wieder in seiner Geburtsstadt Berlin leben konnte, suchte er sofort die Kirche als neuen Lebensraum. Wir haben es unzählige Male erlebt, mit welcher Freude er an der Orgel Gottesdienste begleitete. Wir konnten froh und auch ein bisschen stolz sein, dass an fast jedem Werktag im Gottesdienst die Orgel erklang. Vor fünf Jahren nun ging er in den Ruhestand. Seitdem hat er - glaube ich - noch öfter an den Orgeln vieler Kirchen in Berlin die Gottesdienste begleitet und schön gemacht. Am 28. März nun haben wir ihn zu Grabe geleitet. Er fand diese letzte Ruhestätte auf dem Marienfelder Friedhof. Eine sehr große Zahl von Gläubigen hat hier in der Kirche die Feier von Tod und Auferstehung des Herrn für ihn mitgefeiert, eine ebenso große Zahl nachher um sein Grab gestanden. Auch an diesem Ort werden zukünftig - wie auf vielen Gräbern auf diesem Friedhof - Kerzen brennen und uns ein Zeichen geben, dass das Osterlicht heller ist als die Finsternis einer Karfreitags- und Sterbestunde.

Ich wünsche nun allen noch eine fruchtbare Fastenzeit und dann frohe, gesegnete Ostertage, voller Freude, weil Gott sie uns schenkt, mit herzlichem Gruß aus dem Pfarrhaus, Ihr Pfarrer Lutz Gottschalk.

 

 

 

  

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