Neues aus dem Caritas – Zentrum

100%ige Wahlbeteiligung bei der Wahl zum Heimbeirat - für alle Bewohner war es ein sehr aufregendes Ereignis.

 

Liebe Mitglieder der Gemeinde Vom Guten Hirten, wir grüßen Sie ganz herzlich!

Nachdem es nun schon wieder einige Zeit her ist, seit sie zuletzt Lektüre von uns bekamen, wollen wir mal wieder etwas Interessantes aus dem Heimleben hören lassen. So möchten wir Ihnen in der jetzigen Ausgabe des Gemeindeblattes etwas über die Wahl zum Heimbeirat im Hause Ende Februar erzählen – aus aktuellem Anlass (jüngste Europawahl) können wir nämlich zur Abwechslung einmal von einer – vergleichsweise gigantischen – Wahlbeteiligung berichten (100%!).

Diejenigen von ihnen, welche noch die Zeit des geteilten Deutschlands miterlebt haben, werden sich erinnert fühlen an Beteiligung und Ergebnisse von Wahlen der ehemaligen DDR – bei unserer Wahl ist alles mit rechten Dingen zugegangen, ganz Erich.. äh.. ehrlich. Das behaupten wir steif und fest: Lesen sie getrost weiter, lieber Leser!

 

Ein Heimbeirat soll ja die Mitwirkung der Bewohner im Heimbetrieb und bei Aktivitäten in und außer Haus möglich machen – da es in unserem Wohnheim vier Wohngruppen gibt, wurden für diesen Beirat nun auch vier Mitglieder gesucht. Neue Informationen des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, was die Richtlinien zur Mitwirkung von Bewohnern in einem Heimbeirat von Einrichtungen wie der Unserigen betrifft, mussten verarbeitet werden, so dass die gründliche Vorbereitung der Wahl schon im Sommer letzten Jahres begann. So wurde jetzt z.B. der neue Heimbeirat für die nächsten vier Jahre gewählt und nicht mehr – wie bisher – für zwei.

 

In den Gruppen begann also die Suche nach Kandidaten: Freiwillige vor!

Als diese dann gefunden waren, wurden große Wahlplakate mit den Konterfeis der zu Wählenden in den Räumen ausgehängt, auf dass sich alle Wahlberechtigten schon einmal mit den Fotos vertraut machen konnten (lesen können viele unserer Bewohner nicht!).

Auf den Wahlzetteln waren dann auch die 10 Bewerber aus den verschiedenen Gruppen wieder zu finden – staatsmännische Posen auf ihren Fotos, die um die Gunst der Wähler buhlten.

Der gesamte Nachmittag des 28. Februar stand dann ganz im Zeichen des Wahlspektakels.

Die Ersten wählten um 15 Uhr, die Letzten um 17 Uhr.

Wie sich herausstellte, war das "Kreuzchen – machen" für viele Bewohner eine aufregende Sache, der sehr, sehr viel Ernst beigemessen wurde! Dies lag auch daran, dass der Wahlraum sehr gründlich vorbereitet worden war: Das Wahlkomitee saß aufgereiht mit Wahlliste und Stiften und Urne und war sehr professionell; rief jeden einzeln auf, gab einen Wahlzettel heraus und bat, hinter die eigens aufgebaute Wahlkabine zu treten, um die geheime Wahl vollziehen zu können.

An dieser Stelle seien ganz besonders herzlich die tollen beiden ehemaligen Kolleginnen Margarete Höhl und Monika Behrens erwähnt, welche seither die Heimbeiratsarbeit souverän ehrenamtlich begleiten: Dankeschön!

Ein weiterer Tisch war als "Wahlecke" gestaltet worden für Rollstuhlfahrer und diejenigen mit Platz - oder Berührungsängsten vor der Wahlkabine.

Manch einem Bewohner war die Belastung ins Gesicht geschrieben, in der sie sich befanden:

Mache ich alles richtig?

Wie viele Kreuze habe ich denn nun schon gemacht?

Habe ich jemand falsches gewählt?

Bei einigen Bewohnern trieb dieser "Druck" auffällige Blüten:

- Einige schlugen beim Aufruf ihres Namens zunächst die völlig falsche Richtung ein (weg vom Wahlkomitee). Und dann: Der Weg zur Wahlkabine ? Äh...

- Was mache ich denn nun mit diesem Zettel hier? Wo muss der denn jetzt hin ?

Aber diese Unsicherheiten waren mit ein bisschen Hilfe der Betreuer auch bald überwunden – und der Lohn der ganzen Strapaze rückte näher und näher: Zusammenfalten uuund ab in die Urne werfen! Und dann endlich tief durchatmen...

 

Einer der Bewohner der Regenbogen – Gruppe (Spitzname "Der Opa"), welcher aufgrund seiner schweren geistigen Behinderung sprachlich kaum zu verstehen ist (und auch nur mit Schwierigkeiten etwas versteht), wusste bei seinem Wahlgang aber doch ganz genau, wie der Hase läuft: Er nahm sofort den Stift und machte Kreise um die Bilder von Frauen. Nur Frauen!

Das "schöne" Geschlecht hatte da weniger Auswahl (nur drei männliche Kandidaten) und gab wahltaktischen Erwägungen den Vorzug. So wählte Frau zunächst – wenn möglich – sich selbst, dann gruppenintern und erst zum Schluss sympathiebezogen.

Letztlich zeigte sich, dass das ganze Abstimmungsverhalten zu einem deutlichen Ergebnis führte, wen man besonders mag.

 

Dann ging es ans Eingemachte: Die Auswertung!

Zunächst wurden feierlich die Mitglieder des alten Beirats verabschiedet und der große Moment war endlich da: Genauso übersichtlich wie die Wahlzettel war die Darstellung, wer wie viele Stimmen bekommen hatte – pro Stimme eine große, runde Pappscheibe.

Keine Prognosen, keine Hochrechnungen; irgendwie doch nicht wie im Fernsehen...

Fernsehreif waren dann aber die Reaktionen einzelner Bewohner.

Zunächst wurde jeder mit dem gleichen wunderschönen Beifall bedacht; gleich, wie gut (oder schlecht) das Ergebnis war. Erst als dann die vier "Neuen" nach vorne gebeten wurden ("Nimmst du die Wahl an?" – "Na klar!"), wurde einigen klar, dass sie bei der Wahl nicht ganz vorne gelandet waren.

Besonders schlimm war es für einen jungen, "ambitionierten" Bewohner der Grashoppers – Gruppe, welcher auf Platz 5 landete: Er war sehr enttäuscht und verstand die Welt nicht mehr. Schließlich kam er auf mehrere Ideen und fragte beim Wahlkomitee nach, warum denn eigentlich nur vier Bewohner im Heimbeirat sitzen sollten. Es könnten beispielsweise doch auch einfach... fünf sein...

Oder warum hätte denn nicht Jedermann einfach noch ein paar Stimmen mehr abgeben dürfen?

 

So hielt sich (Mit-)Freude und (Mit-)Leid die Waage, bis bei der anschließenden Wahlparty die Bäuche gefüllt und die Wogen geglättet waren. Besonders die Jüngeren konnten gar nicht genug bekommen von der Musik und dem Tanzen – den älteren Herrschaften war die Gangart der Popmusik nichts und die Texte waren ja auch nicht Deutsch ("Da versteht man ja gar nichts!"). Beim nächsten Mal dann vielleicht etwas mehr Freddy Quinn, Catharina Valente, Roy Black...

Oder vielleicht bringt uns ja auch die diesjährige Wahlgewinnerin ein Ständchen:

Gabriele Müller – seit langen Jahren immer aktiv im Kirchenchor.

 

In diesem Sinne, liebe Gemeindemitglieder, möglichst wenig Qual, dafür umso mehr Spaß bei ihrer nächsten Wahl und auf eine satte Wahlbeteiligung.

 

Frank Weichhold, Erzieher in der Fledermausgruppe

 

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