Die Heilige des Monats

Hl. Kreszentia Höß

(5. April)

Kaufbeuren, 18. Jahrhundert, ein Kloster der Franziskanerinnen, ein armes Weberkind - kurz, eine Welt, die von unserer sehr weit entfernt ist. Daher soll eine Botschaft kommen, die uns zusagt oder uns gar bewegt?

Verkünderin dieser Botschaft ist Anna Höß, geboren am 20. Oktober 1682 in Kaufbeuren, einer Kleinstadt im Unterallgäu, ca. 50 km vor dem Alpenkamm gelegen. Als Kind einer bettelarmen Weberfamilie ist ihr ein unbedeutendes Leben in Mühsal und Not vorgezeichnet. Doch das heranwachsende Mädchen will unbedingt in den Orden der Franziskanerinnen eintreten, seit sie im Alter von 14 Jahren die Erscheinung ihres Schutzengels erlebte, der ihr ein Kreuz und das Kleid des hl. Franziskus hinhielt. Sie bestürmt lange Zeit die Oberin der Franziskanerinnen, deren Kloster nicht weit von ihrem Wohnhaus entfernt liegt, um die Aufnahme - vergeblich, denn sie verfügt nicht über die erforderliche Mitgift für die Zulassung. Klöster waren eben damals auch selbstständige Wirtschaftsunternehmen, die auf stimmige Bilanzen zu achten hatten.

Erst der protestantische Bürgermeister vermochte die strenge Oberin im Rahmen eines Grundstücksgeschäftes zur Aufnahme der allseits beliebten Anna zu bewegen. Im Kloster nahm diese den Namen Kreszentia an. Er stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "Wachsende", Senta oder Zenzi sind geläufige Abkürzungen.

Der Oberin blieb sie jedoch als Eindringling stets ein Dorn im Auge und musste fortan eine endlose Reihe von erniedrigenden Schikanen erdulden. Trotz ihres schwächlichen Körperbaus wurden ihr die schwersten Arbeiten übertragen und wurde ihr das Essen gekürzt oder vorenthalten. Da sie alles klaglos ertrug, verdächtigte man sie der Hexerei, sodass die Prüfungen an Schärfe und Unsinnigkeit noch zunahmen. Ihren Mitschwestern war es sogar untersagt, ihr mit einem freundlichen Gesicht oder mit einem tröstenden Wort zu begegnen.

Das "Siebwunder" zeugt von dieser Phase des Leidens, von der ihre spätere Oberin sagt, "so lang die welt steht, kein mensch also hart seye brobieret worden als wie die Crescentia".

Sie sollte auf Geheiß der Oberin mit einem löcherigen Sieb aus einem Brunnen Wasser in einen großen Eimer schöpfen, um es dann in einen Bach zu schütten - der Gipfel der Sinnlosigkeit. Kreszentia führte den Auftrag aus, ohne einen Tropfen Wasser zu vergießen.

Mehrere Schwestern bezeugten dies und das Sieb wird noch heute im Kloster gezeigt.

Erst als die gehässige Oberin wegen Unfähigkeit abgesetzt wird, wendet sich das Leben der Heiligen - jedoch nicht zum Besseren. Sie steigt zwar innerhalb des Klosters auf, zunächst in das Amt der Pförtnerin, 16 Jahre lang, dann schließlich zur Novizenmeisterin, 24 Jahre lang, und schließlich zur Oberin. Bald wird sie jedoch unablässig - und dies bis zu ihrem Lebensende - von unerklärlichen körperlichen Leiden geplagt, vor allem von starken Zahn- und Kopfschmerzen, bis ihr Gesicht davon entstellt wird.

In diesem unermesslichen Leid liegt Kreszentias Botschaft. Sie betrachtet es als Fügung und Gnade Gottes: "Ich muss es bekennen: Gott hobelt mich sehr, er schneidet und sticht mich; doch fällt's mir nicht schwer. Willst wissen, warum denn? Ich halte dafür: Gott schnitzelte gerne einen Engel aus mir."

Mit unseren menschlichen Maßstäben lässt sich eine solche Haltung nicht erklären. A. M. Miller, ein Biograph der Heiligen, formuliert: "Es ist etwas Erschreckendes an ihr, etwas, was unsere Maße zerbricht. Sie hat sich in ein Unternehmen gestürzt, das unerhört ist und einen Einsatz von schrecklicher Gewalt fordert. Der Ausgangspunkt dieses Unternehmens ist die unabdingbare Einsicht, dass der Mensch, so wie wir ihn kennen, so wie er unsere Natur und unser Selbstbegreifen ausmacht, zu verneinen und unter sich zurückzulassen sei."

Kreszentia begegnet Gott in Visionen, ekstatischen Anfällen und mystischen Begegnungen. Unter diesen Eindrücken wird sie selbst zur Mystikerin, die den Kreuzestod Christi schaut und die darin verborgene Liebe spürt. "Zwei Dinge machen mir das Leben wert und geben ihm seinen Inhalt: die Erfüllung des Willens Gottes und das Heil des Nächsten."

Gottes Licht verstrahlte sie nun mit aller Kraft, die weit über ihre Umgebung hinausreichte. Viele geplagte Menschen machten sich auf den Weg zu ihr, damit sie ihnen durch Geduld und Glaubensstärke in einem von Leid geprägten Leben als Vorbild diene. Außer durch persönliche Gespräche stand sie mit bedeutenden Persönlichkeiten in Briefkontakt, darunter Kaiserin Maria Theresia, Kaiser Karl VII. und seine Gattin Amalie sowie sein Bruder Kardinal Klemens August, Erzbischof von Köln, der sie häufiger besuchte.

Kreszentia starb am 5. April 1744, am Ostersonntag, nachdem sie am Karfreitag unter großen Schmerzen die Passion Christi erlebt hatte. Sie ruht in einem von zahlreichen Votivgaben umringten Schrein in der Kirche ihres Klosters. Im November 2001 wurde sie im Petersdom heilig gesprochen.

Die Kaufbeurer haben sie schon immer als ihre Patronin verehrt und viele sind ihr dafür dankbar, dass ihre Stadt im letzten Weltkrieg fast unversehrt blieb. Da wichtige Rüstungsbetriebe in und bei der Stadt lagen, war sie mehrmals das Ziel amerikanischer Bombenangriffe, die in ihrer Mehrzahl jedoch abgebrochen werden mussten. Nur zwei konnten durchgeführt werden, richteten aber trotz zahlreicher Bomben nur minimale Schäden an. 200 Jahre davor hatte Kreszentia stets behauptet, dass, wenn ihre Heimatstadt ein Unglück treffe, sie die Schuld durch ihr der Gnade Gottes so wenig angemessenes Leben trage.

J. Schweier

 

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