Erzengel Michael

29. September

Wie selbstverständlich erscheint in den meisten Büchern über Heilige der Erzengel Michael, umgeben ansonsten nur von Menschen wie Wenzel, dem Herzog von Böhmen, oder Hadwig von Cappenberg, einer Äbtissin aus dem 12. Jahrhundert. Was hat Michael mit diesen Menschen gemeinsam? - das Heiligsein eben, im weiteren Sinne als mit Gott in besonderer Weise verbunden sein.

Viele Menschen, auch gläubige Christen, tun sich schwer mit der Existenz von Engeln, vor allem wenn diese in einen Strudel von Kitsch gezogen werden. Blondgelockte Kraftgestalten mit rauschenden Federschwingen erzeugen beim aufgeklärten modernen Menschen eher Widerwillen als Glaubensbereitschaft. Weshalb sollte sie Gott überhaupt geschaffen haben?

Dennoch wird die Existenz von Engeln in der Hl. Schrift vielfach bekundet. Das deutsche Wort "Engel" , aus dem lateinischen "angelus" abgeleitet, verweist auf ihre Funktion als "Boten" Gottes. Als solche bezeugen sie sein Wirken, wie bei der Verkündigung an Maria, der Geburt und der Auferstehung Christi. Schon im Alten Testament treten sie daneben auch als Helfer und Beschützer der Menschen auf: Ein Engel hindert Abraham, seinen Sohn Isaak zu opfern, und Daniel wird aus der Löwengrube befreit. Bereits im Namen der Erzengel Michael, Gabriel und Rafael wird der Bezug zu Gott (hebräisch el = Gott) deutlich. Michael bedeutet "Wer ist wie Gott?" In der heutigen Theologie werden Engel als Einbruch der Transzendenz in das menschliche Leben interpretiert. Auch Luzifer, der "gefallene" Engel, steht als Widerpart Gottes in dieser Linie.

Das frühe Christentum hat an die Verehrung der Engel den strengen Maßstab der Schrift angelegt und hat von einer Anbetung abgesehen. Im Orient bildet sich bald der Kult der Engel heraus, während das Abendland erst im 7. Jahrhundert nachzieht. Dies geht auf eine Erscheinung des Erzengels Michael zurück, der sich am 8. Mai 495 in einer Grotte auf dem Gargano, dem Stiefelsporn Italiens, mehreren Hirten zeigte. Bis heute ist diese Stelle ein stark besuchter Wallfahrtsort.

Wer ist dieser Michael? Bereits im Alten Testament greift er an entscheidenden Stellen ein: Er vertreibt Adam und Eva aus dem Paradies, führt die Israeliten durch das Rote Meer und zeigt ihnen das gelobte Land. Nach der Offenbarung des Johannes erfüllt er eine besondere Aufgabe beim jüngsten Gericht: Seine Posaune weckt die Toten, er befreit die Frau mit dem Kinde und tötet im endzeitlichen Kampf den Drachen zu seinen Füßen. Daneben gilt er als Begleiter der geretteten Seelen auf dem Weg ins Paradies.

Der Kampf Michaels ist nichts anderes als der Kampf um die Herrschaft Gottes. Er ist damit eng mit dem Heilsgeschehen verbunden. Der Himmel hat den Sieg über die dunklen Mächte errungen. Auf Erden setzt sich der Kampf freilich fort. Michael ist der Garant für den letztendlichen Sieg.

Von dieser Bedeutung her rührt Michaels Popularität. Es gibt wohl kaum einen Heiligen, dem mehr Kirchen geweiht sind. Sein Name ist in allen Sprachen geläufig. Im frühen Mittelalter erlebte seine Verehrung einen besonderen Aufschwung durch die Gründung der Abtei Mont Saint-Michel in der Normandie, wo sich ein berühmter Wallfahrtsort auf einer flutumschlungenen Felsenspitze entwickelte. Die Mehrzahl der Kapellen auf Bergen und mittelalterlichen Burgen war ihm geweiht. So ist es nicht verwunderlich, dass der streitbare Erzengel der Patron der Deutschen wurde. Sein Name ging auf eine nicht geklärte Weise auf den "deutschen Michel" über, die Symbolfigur unseres Volkes, die jedoch seit der Französischen Revolution als zipfelmützige, naiv-verträumte Spottgestalt daherkommt.

Sogar Hollywood findet an Michael Gefallen und schlachtet ihn auf die übliche Weise aus: J. Travolta erscheint als Erzengel in menschlicher Gestalt, "raucht, trinkt und ist sogar hinter Frauen her".

Sein Namenstag am 29. September geht auf die Weihe einer Michaelskirche in Rom im 5. Jhdt. zurück. Der fränkische König Ludwig der Fromme legte im Jahr 813 dieses Datum mit Absicht für sein Reich fest. An diesem Tag, der auf die Herbstsonnenwende fällt, wurde Wotan von den Germanen verehrt. Michael verdrängte ihn und nahm damit eine wichtige Rolle im ländlichen Leben ein. Der Michaelis-Tag fungierte als Wetterwende- und Lostag, an den sich Abgaben, Erntebräuche, Gesindewechsel, Schulabschlüsse und zahlreiche Feste und Märkte knüpften.

Viele Bauernregeln gründen auf diesem Anlass:

Kommt Michael heiter und schön, wird es noch vier Wochen so geh'n.

Bringt Michael Regen, kannst du gleich den Pelz anlegen.

Mariä Lichtmess bläst das Licht aus, Michael zünd's wieder an.

Gemäß seiner streitbaren Natur wird der Erzengel meist in Ritterrüstung mit Helm, Schwert, Lanze und Schild dargestellt, häufig im Kampf mit dem Drachen. Seit der Gegenreformation stürzt er als Anführer eines Engelheeres Luzifer in die Hölle. In Darstellungen des jüngsten Gerichts hält er häufig die Seelenwaage, die über die Rettung oder Verdammnis entscheidet.

Neben den Deutschen rufen ihn als ihren Schutzherrn an: die Soldaten, Apotheker, Schneider, Glaser, Maler, Bäcker, Kaufleute, Blei- und Zinngießer, Vergolder, Bankangestellte und sogar Radiomechaniker. Er wacht über Friedhöfe und wehrt Blitzschläge ab.

Selbst wenn Sie nicht zu den in einer Umfrage ermittelten 55 % der Deutschen gehören, die an einen persönlichen Schutzengel glauben, sollten Sie Ehrfurcht vor Michael haben.

J. Schweier

 

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