Nie zuvor gab es hier einen Open-Air-Gottesdienst

Erster Tag der katholischen Schulen im Erzbistum Berlin fand im FEZ-Wulheide statt

Berlin - Die S-Bahnen fuhren wie immer, mehr oder weniger pünktlich. Doch etwas rollte am vergangenen Freitag auf den Berliner Nahverkehrs-Schienen anders als sonst. Bis zum frühen Nachmittag waren die S-Bahnen deutlich voller als an anderen Tagen. Scharen von Kindern und Jugendlichen aus allen Berliner Stadtbezirken hatten nur ein Ziel. Mit ihren blauen Ansteckern, auf denen das Logo des Erzbistums Berlin und die Zeichen von BVG und VBB abgebildet waren, fuhren die rund 8.000 Schülerinnen und Schüler der 25 katholischen Schulen im Erzbistum Berlin gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und Lehrern in die Wuhlheide. Die Anstecker galten an diesem Tag als Fahrausweis. „Wir konnten einen fairen Preis mit den Verkehrsbetrieben aushandeln“, freute sich Schulamtsleiter Hans-Peter Richter. Hier, im Freizeit- und Erholungszentrum (FEZ), fand der erste Tag der katholischen Schulen im Erzbistum Berlin unter dem Motto „Ein Himmel über allen“ statt.
Constanze Wächter, Maria Radam und Sabine Schmidt besuchen die 6. Klasse der St. Mauritius-Grundschule in Berlin-Lichtenberg. Am Stand der Morus-Buchhandlung im Hauptgebäude des FEZ haben sich die drei Mädchen gerade ein kleines Begrüßungsgeschenk abgeholt. Wie viele andere Mädchen und Jungen auch konnten sie ihren grünen Morus-Zettel bei Buchhändlerin Elke Kruse abgeben. Jetzt nehmen sie an der Verlosung von ausgewählten Jugendbüchern teil. Die Namen der Gewinner werden auch in der KirchenZeitung veröffentlicht. Nachdem sich die Mädchen die zahlreich ausgelegten Kinderbücher in Ruhe angeschaut haben, sind sie zu einem kurzen Gespräch mit der KirchenZeitung bereit. „Uns gefällt es sehr gut, weil es hier viel für Kinder zu unternehmen und zu erleben gibt“, lacht Constanze Wächter. Sie und ihre Freundinnen freuen sich am Beginn des Tages „am meisten auf gute Lieder, die hoffentlich gesungen werden“. Ein wenig hadern die Schülerinnen jedoch mit dem Wetter. „Hoffentlich regnet es nicht den ganzen Tag.“ Wenngleich der Himmel immer mal wieder dicke Schauer über das große Areal in der Wuhlheide regnen ließ, zeigte sich doch hin und wieder auch mal die Sonne. So hatten die drei Mädchen ebenso wie ihre zahlreichen Altersgenossinnen und -genossen Gelegenheit, auf den Spielplätzen zu toben, sich an verschiedenen Ständen zu informieren und vor allem am gemeinsamen Schulgottesdienst in der Freilichtbühne teilzunehmen.
Kardinal Georg Sterzinsky und Schulpfarrer Ulrich Bonin feierten den Gottesdienst mit Schülern und Lehrern unter freiem Himmel. Die gute Stimmung erinnerte an ein Open-Air-Konzert. So brandete Beifall auf, als Mädchen und Jungen auf der Grünfläche des weiten Rundes das Wachstum eines gewaltigen Baumes aus einem unscheinbaren Samenkorn szenisch umsetzten. In seinem dichtem Geäst durften sich gerade die Schwachen geborgen fühlen. Genau darum ging es während des ganzen Tages. „Wir haben unseren Platz in dieser Gesellschaft, und wir haben in diese Gesellschaft etwas einzubringen“, erklärte Schulpfarrer Ulrich Bonin gegenüber der KirchenZeitung.
Mit dieser Aussage unterstrich Bonin auch die Normalität im Umgang mit einer Einrichtung wie dem FEZ. In den DDR-Jahren war hier die sogenannte „Pionierrepublik Ernst Thälmann“ beheimatet. Zehn Jahre nach der Wende ist es heute selbstverständlich, dass auch die katholische Kirche von Berlin Großveranstaltungen wie den Tag der katholischen Schulen an einem Ort anbieten kann, der nach Größe und Lage dafür geeignet erscheint. „Es ist wohl das allererste Mal, dass in dieser Freilichtbühne ein Gottesdienst gefeiert wird“, sagte Kardinal Georg Sterzinsky in seiner Predigt. „8.000 Schülerinnen und Schüler, die etwas vom Christentum halten, sind eine geballte Kraft“, so der Berliner Erzbischof. Und er fügte hinzu: „Den christlichen Schülerinnen und Schülern, die verstreut leben im ganzen Land, möchte ich solch ein Erlebnis wünschen.“
Schulpfarrer Ulrich Bonin hob gegenüber der KirchenZeitung das Gemeinschaftserlebnis ebenfalls hervor. „In dieser Form haben sich viele wohl zum ersten Mal als Teil einer großen Gruppe wahrgenommen. Das Erlebnis war schon etwas anderes, als die tägliche Begegnung auf dem jeweiligen Schulhof.“ Und darauf gelte es nach gründlicher Auswertung der Premiere aufzubauen. Nach Bonins Worten werde es in einem der nächsten Jahre „ganz sicher wieder einen Tag der katholischen Schulen im Erzbistum geben“.
Einzig der Gesang während des Gottesdienstes muss als verbesserungswürdig bezeichnet werden. Zwar seien die Lieder in den Schulklassen geübt worden, so Bonin, „doch die Akustik in der großen Arena war für viele Schüler bestimmt noch gewöhnungsbedürftig“. Anders klang es da schon, als Schüler der Salvator-Oberschule und der Theresienschule während des bunten Nachmittags-Propramms Proben ihres musikalischen Könnens gaben.
Ein Jahr haben die Vorbereitungen für diesen Tag gedauert. Etwa 50 Lehrerinnen und Lehrer von katholischen Schulen hatten sich gemeinsam mit ihren Schülergruppen an die Arbeit gemacht. Die logistischen Fragen wurden in enger Absprache mit dem Erzbischöflichen Schulamt geklärt. Viele Hände und viele Ideen waren gefragt, um den Tag zu dem zu machen, was er schließlich wurde: ein fröhliches, mitunter lautstarkes Signal junger katholischer Christen in die Stadt Berlin hinein. „Wir sind katholisch, und wir gehören selbstverständlich dazu“, brachte es ein Schüler auf den Punkt.
Zur Erinnerung an den gelungenen Tag übergaben Kardinal Sterzinsky und Pfarrer Bonin den Schülersprechern der einzelnen Schulen je einen Karton mit vielen Tüten voller Senfkörner. Als Erinnerung an den ersten Tag der katholischen Schulen und besonders als Zeichen für Wachstum und Gedeihen des christlichen Glaubens sollen sie jetzt in allen Klassen verteilt werden.

Thomas Steierhoffer

Nr. 40/99 vom 10.Oktober 1999

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