| Berliner Gemeinde hat die Auffahrt zur
            Datenautobahn gefunden Jung und
            Alt gestalten in der Kuratie Mutter vom Guten Rat
            eigene Internet-Seite Winterliche Dunkelheit hat sich
            über Lichterfelde gebreitet. Die Schlote des nahen
            Heizkraftwerkes stoßen ihre gefilterten Gase in
            den Nachthimmel über dem Berliner Süden.
            Genervte Autofahrer suchen verbissen einen Parkplatz,
            um endlich den Feierabend beginnen zu können.
            Lichtkegel dringen aus den Räumen der Kuratie
            Maria Mutter vom Guten Rat in der Celsiusstraße
            auf die nassen, langsam auftauenden Straßen.
            Während oben der herkömmliche Schreibgriffel
            über Stöße von Papier kratzt, klappern
            im Keller die Tasten eines Computer-Keyboards. In zwei
            Gruppen basteln hier Schüler, Studenten, Azubis,
            Hausfrauen, Ingenieure, Lehrer und Rentner an einer
            eigenen Seite für das Internet. Gut ein Jahr ist
            es jetzt her, daß ein kleines Team um
            Gemeindehelferin Andrea Frenzel und ihren Mann Stephan
            Gallien die ersten Überlegungen anstellte, Kirche
            und Gemeinde auf den weltweiten Daten-Highway zu
            schicken. Seit knapp zwei Monaten versucht ein Kreis
            von zehn bis 15 Interessierten, die Ideen in die Tat
            umzusetzen. Alle zwei Wochen trifft sich die
            Projektgruppe Internet donnerstags
            ab 18 Uhr in der Kuratie, um die eigene Homepage zu
            gestalten. Wie wäre es denn, wenn wir die
            Geschichte der Gemeinde so präsentieren, daß
            der integrative Gesichtspunkt - die Behinderten- und
            Altenarbeit - für jedermann erkennbar
            wird? Erdkunde-Lehrer Reinhard Urbanietz
            stellt in der Planungsgruppe Überlegungen für
            ein neues Link an. Er hält ein Buch über die
            Kuratie in den Händen und erklärt Andrea
            Frenzel und Eva Lohauß, wie die Seite im Netz
            bunter und vielfältiger werden könnte. Hier
            wird diskutiert, abgewogen, aufgegriffen, verworfen,
            neu angesetzt. Die Planungsgruppe kommt
            schließlich zu dem Ergebnis: Geschichte der
            Gemeinde gehört unbedingt auf die Seite. Mit einem
            Stoß Zetteln, auf denen die konkreten
            Entwürfe festgehalten sind, läuft Andrea
            Frenzel in den Keller des Hauses. Hier unten ist die
            Realisierungsgruppe gerade dabei, die Internetseite
            weiterzuschreiben. Mit technischer Anleitung von
            Stephan Gallien gehen Jugendliche, Erwachsene und
            selbst Rentner mit moderner Technologie wie
            selbstverständlich um. Die Zahl der
            älteren Menschen, die Berührungsängste
            mit dem Computer abgebaut haben, ist noch nicht sehr
            groß, erklärt Gallien. Doch der
            Trend weise deutlich nach oben. Wer körperlich
            vielleicht nicht mehr in der Lage sei, gewohnte
            Außenkontakte zu pflegen, verlange heute nach
            neuen Formen und Wegen der Kommunikation. Und da biete
            der Computer eine Fülle von Möglichkeiten. Er
            freue  sich besonders, so der Entwicklungsingenieur, in
            diesem Projekt auch Rentner begrüßen zu
            dürfen.
 Neben Gottesdienstzeiten, einem liturgischen Kalender
            und ersten sachlichen Informationen über die
            Kuratie ist noch genügend Platz auf dem Server
            vorhanden, um Kirche für Außenstehende
            interessant zu machen. Andrea Frenzel erklärt, was
            in der Planungsgruppe besprochen wurde und
            stößt auf Zustimmung. Sofort geht das
            Keller-Team
            an die Arbeit.
 Mit wenig Geld, dafür aber mit um so mehr
            persönlichem Einsatz und Spaß an der Sache
            wurde das Projekt ins Leben gerufen. Neben einem
            Macintosh-Computer der Gemeinde steht im Keller einer
            der weit verbreiteten Windows-Rechner. Dieser wurde aus
            privaten Mitteln bezahlt. Die Plattform (Server)
            für den Zugang zum Internet stellt ein kleiner
            Verein aus dem Raum Berlin-Brandenburg für 30 Mark
            im Monat zur Verfügung. Anfallende Telefonkosten
            zum Ortstarif trägt die Gemeinde. Die
            Projektgruppe wird von einem Förderverein der
            Gemeinde unterstützt, dem Verein der
            Freunde. Um das Equipment später einmal
            ausbauen zu können, um die laufenden Kosten zu
            begleichen, haben sich die  Lichterfelder Katholiken 
            auf die Suche nach Spendern und Sponsoren begeben.
 Wir sind eine interaktive katholische
            Ortsgemeinde, lächelt Andrea Frenzel.
            Bei allen Bemühungen gehe es nicht um die
            Verbreitung kirchenamtlicher
            Mitteilungen, sondern um ihre
            Wirkung auf die Basis.
            Lebendigkeit, Spontaneität und spritzige Ideen
            seien gefragt. Wer Anregungen hat, wer
            mitmachen möchte, kann sich interaktiv an uns
            wenden, sagt die Gemeindehelferin.
 In einem Rundbrief an benachbarte Gemeinden hat sich
            die Projektgruppe vorgestellt. Einige Pfarrer wurden
            angesprochen, kleine Grußworte zu verfassen. Die
            ersten Briefe sind bereits eingetroffen. Auch die
            KirchenZeitung wurde angefragt, eventuell an dem
            Projekt mitzuarbeiten. In der Redaktion laufen bereits
            die ersten Überlegungen und Planungen.
 Bei allem geht es darum, Kirche mediengerecht zu
            präsentieren. Dabei ist ein kontinuierlicher
            Informationsfluß aus verläßlichen
            Quellen nötig. Die Zielgruppe soll in der
            Startphase hauptsächlich Südberliner
            Katholiken umfassen. Später ist an die Adresse der
            Kirchennahen ebenso wie an die der  Fernstehenden in
            ganz Deutschland sowie weltweit gedacht. So werden
            schon heute Artikel in verschiedene Sprachen
            übersetzt. Erste Beiträge liegen in
            englischer, französischer, spanischer,
            italienischer, polnischer und schwedischer Sprache
            vor.  Andrea Frenzel: Bei allem Tun haben wir
            das Ziel, nicht noch mehr Info-Müll zu
            produzieren. Das Medium Internet verstehen
            sie und ihr Kreis als Chance, kirchliche Angebote,
            modern aufbereitet,  ins öffentliche
            Bewußtsein zu bringen. Das Team wird auch von der
            Hoffnung motiviert, Fernstehenden durch gute
            Präsentationen die Kirchenportale zu
            öffnen.
 Wer das Projekt  besuchen will, kann das unter der
            Adresse http://www.gember.de
            tun. Vorschläge können per e-mail unter
            kontakt@gember.de
            eingebracht werden. Oder Sie schreiben unter dem
            Stichwort Internet-Projekt an die
            Kuratie Mutter vom guten Rat, Celsiusstraße 46-48,
            12207 Berlin.   Thomas Steierhoffer  (Ausgabe Nr. 7 /
            15.2.98)
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